Volkskrankheit Rheuma trifft Frauen und Männer unterschiedlich
- Klinik an der Weißenburg

- 10. Okt.
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Welt-Rheuma-Tag am 12. Oktober
„Aua, mein Rheuma meldet sich wieder” – was umgangssprachlich meist eine entzündliche Gelenkerkrankung im Alter meint, ist in der Medizin erheblich komplexer. „Rheuma umfasst nicht nur die entzündliche rheumatoide Arthritis ”, erklärt Dr. med. Sylke Schneider, MBA, Chefärztin des Rheumatologischen Fachkrankenhauses der Klinik an der Weißenburg in Uhlstädt-Kirchhasel. „Rheuma umfasst über 200 verschiedene chronisch-entzündliche Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparats, die mit Schmerzen, Steifheit und Bewegungseinschränkungen einhergehen können, aber auch Entzündungen an bindegewebigen/muskulären Strukturen (Kollagenosen) oder Gefäßen (Vaskulitiden).” Bis zu 17 Millionen Menschen sind nach Schätzungen allein in Deutschland von einer rheumatischen Erkrankung betroffen. Etwa 1,8 bis 2 Millionen Erwachsene haben eine entzündlich-rheumatische Erkrankung, so die Deutsche Rheuma-Liga. Und die Krankheit trifft nicht nur Senioren, sondern auch Kinder und Jugendliche. Darauf macht der Welt-Rheuma-Tag am 12. Oktober aufmerksam.
Unterschiede bei Symptomen und Krankheitsverlauf
Differenziert werden müssen bei Rheuma aber nicht nur Altersgruppen - auch Männer und Frauen weisen unterschiedliche Symptome und Krankheitsverläufe auf. „Dass sich rheumatologische Erkrankungen je Geschlecht anders darstellen, ist den Rheumatologen erst so richtig vor rund 15 Jahren klar geworden”, berichtet Dr. Schneider. „Bis dahin war die Medizin vorwiegend auf männliche Erkrankungen ausgerichtet.” Heute weiß man: Bei Frauen entsteht Rheuma anders, ist anders ausgeprägt und bedarf anderer Therapien als bei Männern. Bei der rheumatoiden Arthritis (einer häufigen entzündlichen Rheumaform) zum Beispiel sind Frauen rund dreimal häufiger betroffen. Frauen leiden bei den Begleiterkrankungen darüber hinaus häufiger an Osteoporose, Depressionen oder Schilddrüsenerkrankungen, Männer hingegen an Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die so genannte „Gendermedizin” widmet sich deshalb den geschlechtsspezifischen Unterschieden bei rheumatischen Erkrankungen.
Anzeichen bei Frauen oft spät oder falsch erkannt
Besonders problematisch: Die Diagnosestellung erfolgt bei Frauen meist später als bei Männern, obwohl sie häufiger betroffen sind. Denn Männer zeigen zum Beispiel bei Kollagenosen mehr schwere Organbeteiligungen, was zu einer früheren Diagnose führt; bei Frauen verzögern oft weniger eindeutige Befunde den Therapiebeginn. „Die Unterschiede liegen auch darin, dass die Gegensätzlichkeit der Geschlechter in den Lehrbüchern und der Praxis noch nicht überall angekommen ist”, erklärt Chefärztin Dr. Schneider. „Zusätzlich erschweren Normen in der Gesellschaft oft die Diagnose. Symptome werden bei Frauen gern auf vorausgegangene Schwangerschaften und Geburten, die Wechseljahre, das Alter oder die Psyche ‚geschoben’. Wir wissen auch, dass Frauen später als Männer nach dem Auftreten erster Symptome einen Rheumatologen aufsuchen.” Dabei spiele auch die Art der Kommunikation eine Rolle, weiß Dr. Schneider. Männer sprächen direkter und klarer über ihre Beschwerden, Frauen redeten manchmal gerne „drumherum“ und fänden bereits mögliche Erklärungen für ihre Beschwerden. „Das kann die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt schnell auf eine falsche Fährte führen.” Dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede mittlerweile auch wissenschaftlich bewiesen sind, zeigte sich Mitte September beim diesjährigen Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Wiesbaden, bei dem unter anderem aktuelle Studien und Daten vorgestellt wurden.
Klinik an der Weißenburg setzt auf Gendermedizin
In der Klinik an der Weißenburg begegnet man diesen Herausforderungen mit individuellen Diagnose- und Therapiekonzepten und einer genderspezifischen Behandlung von rheumatischen Erkrankungen. „Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in Bezug auf Diagnoseweg, Krankheitsverlauf und Therapieerfolg machen aus unserer Sicht eine gezielte, gendersensible Versorgung unerlässlich”, so das Fazit von Dr. Sylke Schneider. Die Chefärztin plädiert dafür, geschlechtsspezifische Unterschiede konsequent zu erforschen und individuell zu berücksichtigen. „Wir brauchen eine gendersensible, personalisierte Diagnostik und Therapie in der Rheumatologie und damit eine verbesserte Versorgung für Männer und Frauen gleichermaßen”, so Dr. Schneider. „Ein besonderes Augenmerk muss auf die spezifische Ausprägung von Symptomen, Therapieresistenz und Nebenwirkungen gelegt werden, um die rheumatologische Versorgung zu verbessern. Die Kenntnis der Unterschiede wird uns helfen, Patientinnen und Patienten noch gezielter zu behandeln und so ihre Lebensqualität nachhaltig zu verbessern.“



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