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Weißen 1, 07407 Uhlstädt-Kirchhasel

„Man möchte fast an eine Heilung glauben“

Zum Weltrheumatag zieht Dr. Sylke Schneider, Chefärztin des Rheumazentrums in der Klinik an der Weißenburg eine Bilanz zur medizinischen Versorgung von Patientinnen und Patienten mit rheumatischen Erkrankungen.

Chefärztin Dr. Schneider im Gespräch


17 Millionen Menschen hierzulande leiden unter einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises, kurz "Rheuma" genannt. Anders als Arthrose ist Rheuma keine Alterserscheinung, sondern eine schwerwiegende Krankheit. „Rheuma kann prinzipiell jeden von uns treffen. Auch Kinder und junge Erwachsene. Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sind sogenannte Autoimmunerkrankungen und werden häufig durch eine familiäre Veranlagung begünstigt. Aber auch Infektionen, Umwelteinflüsse, Rauchen und natürlich das Alter spielen bei der Entstehung eine Rolle. Den einen auslösenden Moment jedoch gibt es nicht“ erklärt Dr. Sylke Schneider, Chefärztin des Rheumazentrums in der Klinik an der Weißenburg, der einzigen rheumatologischen Fachklinik in Thüringen.


Fatale Folgen bei später Diagnose

Je nach zugrunde liegender rheumatischer Erkrankung kann eine späte Diagnose mitunter fatale Folgen haben. Rheumatische Erkrankungen sind Systemerkrankungen. „Wir wissen heutzutage, dass Rheuma nicht nur die Gelenke betrifft. Ein Übergriff auf innere Organe, wie z.B. Lunge, Herz, Nieren usw. ist möglich, bei den Vaskulitiden (Gefäßentzündungen) und Kollagenosen sogar häufig. Unerkannt kann das zu schweren Schäden führen, unbehandelt vereinzelt zum Tode. Wo einmal ein Schaden entstanden ist, ist dieser meist nicht mehr rückgängig zu machen. Je früher wir die entzündlich-rheumatische Erkrankung erkennen und therapieren, umso geringer ist das Risiko für Folgeschäden, sowohl bei den entzündlich-rheumatischen Gelenk- als auch bei den Organbeteiligungen“ verdeutlicht die engagierte Rheumatologin.


Keine Termine, lange Wegstrecken

Doch eine frühe Diagnostik scheitert oftmals an den fehlenden Fachärzten. Viele Patienten bemühen sich lange und vergeblich um einen Termin als Neupatient bei niedergelassenen Kollegen, die alle bereits über die Maßen Patienten versorgen und das über ihre eigenen Grenzen hinaus. In einer bundesweiten Langzeiterhebung der Arbeitsgemeinschaft der Regionalen Kooperativen Rheumazentren (AGRZ) für die Jahre 2016 bis 2022 hatten 25% der Betroffenen mit Rheumatoider Arthritis und 58% mit axialer Spondyloarthritis eine Symptomdauer von über einem Jahr, bis die Diagnose gestellt werden konnte. Bei vielen Patienten wird dadurch ein rechtzeitiger Therapiebeginn nach wie vor verpasst. Zusätzlich müssen Patienten mitunter lange Wegstrecken in Kauf nehmen. Jeder zweite Patient aus der Langzeiterhebung hatte einen Anfahrtsweg von über 20 km. Patienten aus ländlichen Bereichen müssen mitunter 50 km bis zum nächsten Facharzt fahren.


Verbesserte Behandlungsmethoden in der Rheumatologie

Es gibt jedoch auch sehr positive Tendenzen. Die Behandlungsmöglichkeiten in der Rheumatologie haben sich in den letzten Jahren signifikant verbessert. Mit Zulassung der Biologika neben den konventionellen Basistherapien stehen mittlerweile eine Reihe von modernen und hochwirksamen Therapien für die Behandlung zur Verfügung. „Dabei darf man nicht vergessen, dass es sich bei rheumatischen Erkrankungen um chronische Erkrankungen handelt, die meist dauerhaft gut und sicher therapiert werden müssen. Die Entwicklung geht erfreulicherweise immer weiter, neue Medikamente sind in der Erprobung, bereits zugelassene erhalten eine breitere Indikation. Aktuell laufen auch erste experimentelle Behandlungsversuche, schwere entzündlich-rheumatische Erkrankungen grundlegend so anzugehen, dass man fast an eine „Heilung“ glauben möchte“ freut sich Dr. Schneider.


Überhört und nicht gesehen

„Doch all diese Verbesserungen täuschen nicht darüber hinweg, dass die Lobby von uns Rheumatologen als kleine Facharztgruppe innerhalb der Gesundheitspolitik nicht groß genug ist. Wir werden oft überhört und nicht ausreichend gesehen“ so Dr. Schneider. Eine einfache und schnelle Lösung für die Probleme gibt es derzeit nicht. Der Facharztmangel hat alle Bereiche erreicht, die übermäßige Bürokratie auch. „Ich würde mir wünschen, dass wir Rheumatologen mehr Gehör finden und Lösungen mitentwickeln können, die nicht nur eine Verschiebung des Mangels bedeuten“ sagt die Ärztin.


Ganzheitliche Behandlung im Rheumazentrum Weißenburg

Das Fachkrankenhaus für Rheumatologie an der Weißenburg ist spezialisiert auf Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Auch wenn die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen verbesserungswürdig sind, lassen Dr. Schneider und Team nichts unversucht, ihren Patienten optimal und angepasst auf ihr Krankheitsbild zu helfen. „Wir lieben die Rheumatologie und leben sie. Unsere Patienten sind keine Nummern. Unsere Patienten haben einen Namen und eine Geschichte. Mit unserer multimodalen rheumatologischen Komplexbehandlung, einem intensiven akutstationären Konzept mit integrierter Physio- und Ergotherapie kümmern wir uns ganzheitlich“ schildert Dr. Schneider. Mit der seit Anfang des Jahres integrierten Schmerzpsychotherapie werden nun auch die möglichen psychischen Auswirkungen dieser chronischen Erkrankung ins Visier genommen.

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